Kirche, B.
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1976, Sp. 859-865


B. Moraltheol.


Die Moraltheologie achtet bes. auf die Pflichten, die sich aus der Tatsache, daß Jesus Christus die K. als Heilsgemeinschaft gestiftet hat, für die Menschen ergeben.


I. "Zum neuen Gottesvolk sind alle Menschen berufen" (LG 13). Jesus wollte nicht nur für das Volk Israel sterben, "sondern auch, um die zerstreuten Kinder Gottes zur Einheit zusammenzuführen" (Joh 11,52). Gottes Absicht ist es, durch das Opfer seines Sohnes alles mit sich zu versöhnen (vgl. Kol 1,19 f). Eben desh. hat die K. von Christus den Missionsbefehl erhalten.

Gott bietet das Heil in der Gemeinde Christi, der K., an. Das Angebot ist zugleich Anruf an den Menschen, in die K. einzutreten. Wer das "allumfassende Heilssakrament" (LG 48), die K., ablehnt, weist das Heilsangebot Gottes selbst zurück. "Darum können jene Menschen nicht gerettet werden, die um die kath. K. u. ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten od. in ihr nicht ausharren wollen" (LG 14).

Aus dem allg. Heilswillen Gottes läßt sich jedoch erschließen, daß niemand verlorengeht, der der K. nicht angehört, weil er sie nicht genügend kennt, jedoch bereit ist, das Heilsangebot Gottes anzunehmen, so gut er es erfaßt. Durch diese Bereitschaft ist er schon auf dem Weg zur K., gehört er schon in gewissem Maß zu ihr. Die K. verzweifelt keineswegs am Heil aller, die ihr nicht voll eingegliedert sind, obwohl sie weiß, daß sie selbst die einzige von Christus gestiftete Heilsgemeinschaft ist. Wer zum Heil gelangt, findet es als Glied der K. od. durch das, was ihn mit der K. verbindet, nicht durch das, was ihn von ihr trennt (vgl. D 3866-73). Weil niemand gerettet werden kann, der nicht auf die K. hin unterwegs ist, sieht sich die K. zu eifrigster Missionstätigkeit verpflichtet (vgl. LG 16; AG 7).


II. Da die Sendung, "das Reich Christi u. Gottes anzukündigen u. in allen Völkern zu begründen" (LG 5), der Gesamt-K. zukommt, sind alle ihre Glieder verpflichtet, je nach ihrem Können an der Erfüllung dieser Aufgabe mitzuwirken. "Eines ist also das auserwählte Volk Gottes: 'Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe' (Eph 4,5); gemeinsam die Würde der Glieder aus ihrer Wiedergeburt in Christus, gemeinsam die Gnade der Kindschaft, gemeinsam die Berufung zur Vollkommenheit, eines ist das Heil, eine die Hoffnung u. ungeteilt die Liebe ... Wenn auch einige nach Gottes Willen als Lehrer, Ausspender der Geheinmnisse u. Hirten für die anderen bestellt sind, so waltet doch unter allen eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde u. Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi" (LG 32).


1. Jedes Glied der K. soll am Erlösungswerk Christi nicht nur passiv (durch Empfang des Wortes Gottes u. der Sakramente von den Hirten; vgl. LG 37), sondern auch aktiv teilnehmen. Das 2. Vat. Konz. hebt das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen hervor, zu dem sie durch Taufe, Firmung, Eucharistie u. die übrigen Sakramente geistl. gerüstet werden (LG 10; PO 2). "Es gibt darum kein Glied, das nicht Anteil an der Sendung des ganzen Leibes hätte" (PO 2). "Allen Christen wird also die herrl. Last auferlegt, daran mitzuwirken, daß die göttl. Heilsbotschaft von allen Menschen überall auf Erden erkannt u. angenommen wird" (AA 3).


a) Im Mitwirken aller Gläubigen an der Aufgabe der K. kann man als Grundzüge die Teilnahme an ihrer Heiligung u. die Teilnahme an ihrem Apostolat unterscheiden.

Christus heiligt die K. (Eph 5,25 f). An ihrer Heiligung soll jedes ihrer Glieder teilnehmen u. dadurch vervollkommnet werden. Die Heiligung u. Vervollkommnung besteht im wesentl. in der Teilnahme an der Liebe Gottes. "Damit aber die Liebe wie ein guter Same in der Seele wachse u. Frucht bringe, muß jeder Gläubige das Wort Gottes bereitwillig hören u. seinen Willen mit Hilfe seiner Gnade in der Tat erfüllen, an den Sakramenten, vor allem der Eucharistie, u. an den gottesdienstl. Handlungen häufig teilnehmen u. sich standhaft dem Gebet, der Selbstverleugnung, dem tatkräftigen Bruderdienst u. der Übung aller Tugenden widmen" (LG 42).

Wie die K. mit der Sorge für das Wachstum des Reiches Gottes, dessen Anfang sie in sich enthält, betraut ist, soll jedes ihrer Glieder für das Reich Gottes apost. tätig sein, d.h. zur Erfüllung der Lehr-, Priester- u. Hirtenaufgbe der K. mithelfen. "Die christl. Berufung ist ihrer Natur nach auch Berufung zum Apostolat. Wie sich im Gefüge eines lebendigen Leibes ein Glied nicht nur passiv verhält, sondern zugleich mit dem Leben des Leibes auch an seinem Tun teilnimmt, so bewirkt auch im Leib Christi, der die K. ist, der ganze Leib 'gemäß der jedem einzelnen Glied zugemessenen Wirkkraft das Wachstum des Leibes' (Eph 4,16)". Ein Glied, das zum Wachstum des Leibes nichts beiträgt, nützt weder der K. noch sich selbst.


b) In beidem, im Vollkommenheitsstreben u. im Apostolat, gibt es verschiedene Berufungen (vgl. GS 38). Die eine Heiligkeit, zu der alle berufen sind, kann u. muß verschieden ausgeprägt werden. Ebenso umfaßt das Apostolat der K. vielerlei Aufgaben, die von je verschiedenen Personen erfüllt werden können u. sollen.

Nach den Aufgaben werden im Volk Gottes Laien, Ordensleute u. Kleriker unterschieden (LG 10 30; PO 2), die jedoch nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern einander zugeordnet sind (LG 10 30 32).


2. Soweit die Christgläubigen nicht dem Weihe- od. dem von der K. anerkannten Ordensstand angehören, werden sie herkömml. Laien genannt. Positiv kann man sie als Menschen bezeichnen, die durch die Taufe dem Mystischen Leib Christi od. dem Volk Gottes eingefügt sind (laikòs von laòs = Volk) u. ihren arteigenen Anteil an der Sendung Christi in der K.u. in der Welt auszuüben haben.


a) Zum Unterschied von den geweihten Amtsträgern, denen als Dienstaufgabe die Sorge für die christl. Gemeinde, für den Aufbau des Leibes Christi (vgl. Eph 4,12) zufällt, u. von den Ordensleuten, die in einem Leben nach den ev. Räten den Geist der Seligpreisungen zu bezeugen haben, der für die Hingabe der Welt an Gott notwendig ist, tragen die Laien in besonderer Weise Weltcharakter: Sie leben unter den gewöhnl. Bedingungen der Familie u. der Gesellschaft mit deren irdischen Pflichten u. Beschäftigungen u. haben hier im Geist des Evangeliums zu wirken. "Ihre Aufgabe ist es also in besonderer Weise, alle zeitl. Dinge, mit denen sie eng verbunden sind, so zu durchleuchten u. zu ordnen, daß sie immer Christus entsprechend geschehen u. sich entwickeln u. zum Lob des Schöpfers u. Erlösers gereichen" (LG 31; vgl. 33 38).


b) Wie die gesamte K. sollen die Laien in ihr das Priester-, Lehr- u. Hirtenamt Christi mittragen (LG 31). Priesterl. Dienst leisten sie, wenn sie in innerer Hingabe die Eucharistie mitfeiern u. in diesem Geist sich u. die Welt Gott weihen (LG 34). Im Ante ilhaben am prophetischen od. Lehramt Christi vertiefen sie sich in den Sinn der Offenbarung u. geben davon durch ihr Leben aus dem Glauben Zeugnis, wenn mögl. u. notwendig aber auch durch eigentl. Wortverkündigung u. sonstige apost. Werke (LG 35). An der königl. od. Hirtentätigkeit Christi nimmt der Laie nach Auffassung des 2. Vat. Konz. Anteil, wenn er in sich die Sünde besiegt u. königl. Freiheit erlangt; wenn er seine Brüder in Demut u. Geduld Christus, dem König, zuzuführen trachtet; wenn er die Welt durch christl. Dienen in den profanen Bereichen heiligt; wenn er an der Umgestaltung der Gesellschaft auf Gerechtigkeit u. Frieden hin arbeitet (LG 36).

Da die geweihten Amtsträger für den Aufbau der christl. Gemeinde verantwort. sind, steht es ihnen zu, das Apostolat der Laien zu fördern u. zu ordnen (LG 30). Gedeihen kann die K. nur, wenn Hirten u. Laien vertrauensvoll zusammenarbeiten.


c) Aus der besonderen Weltaufgabe der Laien ergibt sich auch die ihnen eigene Spiritualität: Sie sollen die Heiligung (die Vervollkommnung in der Liebe) "in ihrer Lebenslage, ihren Pflichten u. Verhältnissen u. durch dies alles" suchen (LG 41). Die Fruchtbarkeit ihres Apostolates hängt von ihrer lebendigen Vereinigung mit Christus, der Quelle u. dem Ursprung des gesamten Apostolates der K., ab.


3. Als eigene Gruppe im Volk Gottes sind die Ordensleute anzusehen (LG 30), die "durch ihren Stand ein deutl. u. hervorragendes Zeugnis dafür, daß die Welt nicht ohne den Geist der Seligpreisungen verwandelt u. Gott dargebracht werden kann", geben (LG 31). Sie tun das durch ein Leben nach den ev. Räten. Der Christ kann das Leben der Räte privat od. zus. mit anderen verwirklichen, etwa in einer Ordensgemeinschaft. Das 2. Vat. Konz. sagt, daß die Orden zwar nicht Teil der hierarchischen Struktur der K. sind, aber unerschütterl. zu ihrem Leben u. ihrer Heiligkeit gehören (LG 44), daß sie im besonderen auch einen Teil der Diözesanfamilie bilden u. ihre Sorgen mittragen sollen (CD 34).

Der Papst u. die übrigen Hirten der K., deren Aufgabe der Dienst am Volk Gottes ist, haben sich auch um die rechte Gestaltung u. die Förderung des Lebens der Räte zu sorgen (LG 45; PC 1-25).


4. Wenn auch alle Glieder der K. dazu berufen sind, an ihrer Sendung teilzunehmen, darf man doch nicht übersehen, daß es verschiedene Arten der Teilhabe gibt (LG 24; PO 2). Auf besondere Art wird sie durch die Dienstämter verwirklicht: Ihre Inhaber gehören zum Volk Gottes (LG 30), sind aber innerh. des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen mit dem besonderen Amtspriestertum betraut (vgl. Priestertum).


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