Freundschaft
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1976, Sp. 500


Die Nächstenliebe nimmt häufig die Gestalt der F. an: Zwei Menschen verbinden sich wissend miteinander in gegenseitiger Bejahung.


1. Solche Verbundenheit wird als wertvoll von den Menschen erfahren u. von der Hl. Schrift bestätigt. Das AT rühmt den Freund als einen unbezahlbaren Schatz (Sir 6,14-17) u. zeigt das schöne Bild der F. zw. Jonathan u. David (1 Sam 18,1.3; 2 Sam 1,26), ja läßt Gott selbst als jenen erscheinen, der zu Menschen in ein Verhältnis der F. tritt (2 Chr 20,7; Is 41,8; Jak 2,23). Das NT zeigt als das schönste Vorbild Jesus (Nachfolge Christi), der mit Lazarus F. pflegt ("Herr, der, den du liebhast, ist krank ... Seht, wie lieb er ihn hatte", Joh 11,3.36) u. seine Jünger Freunde nennt u. als Erweis seiner F. mit ihnen seine Offenbarung an sie u. seine Hingabe in den Tod für sie anführt (Joh 15,13-15).


2. Einen Freund kann man lieben, weil man durch ihn etwas gewinnt (begehrende Liebe, amor concupiscentiae). Tiefer wird das Verhältnis, wenn man den Freund ohne Rücksicht auf eigenen Vorteil in seinem Wert anerkennt u. schätzt (reines Wohlgefallen, amor complacentiae), u. noch tiefer, wenn man zur Schaffung seines Wertes mithelfen will (wohlwollende Liebe, amor benevolentiae). Damit nähert sich die F. an das Lieben Gottes an, der nicht begehrt, sondern schenkt, u. trägt sie etwas von der Eigenart der christl. Sittlichkeit an sich, näml. von jener Liebe, die vom Lieben Gottes geprägt ist. Solche F. erreicht nach Augustinus eine letzte Wahrheit: "Wahr ist sie nur da, wo du (Gott) sie zw. denen, die einander zugetan sind, befestigst mit der Liebe, ausgegossen in unsere Herzen durch den Hl. Geist, der uns gegeben ist" (Conf. IV 4,7; vgl. IV 9,14; Gregor d. Gr., Hom 27 in Ev.; PL 32,696.699; 76,1205).


Zurück zum Index