Sakrament
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1969, Sp. 1025-1038


1. Die Offenbarung zeigt uns, daß Gott uns das Leben der Gemeinschaft mit ihm, zu dem er uns beruft, durch die von Jesus Christus gestiftete Kirche anbietet. Als Quellen dieses Lebens öffnet uns die Kirche in Gottes Auftrag die S.e, sichtbare Zeichen, durch die uns infolge göttlicher Zusage (vgl. Mk 16,16; Gal 3,26 f; Joh 6,50 f.53-58) Gottes Gnade aus dem Erlösungswerk Christi zukommt (D 1639 [876]; 2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 61). Die Kirche selbst, die in den S.en u. in ihrem sonstigen Tun das Heilswerk Christi zu wirken hat, ist als das große Heilzeichen od. Ur-S. gesetzt (2. Vat. Konz., Lumen gentium 1). Die S.e schenken also das in Christus verankerte Leben der Gnade mit den in ihm enthaltenen u. zu enfaltenden Ansätzen (übernatürl. Tugenden, Gaben des Hl. Geistes) neu od. lassen es wachsen (nach der Lehre des Konz. v. Trient beginnt durch die S.e jede wahre Gerechtigkeit od. wird sie nach ihrem Beginn vermehrt od. nach ihrem Verlust wiederhergestellt; D 1600 [834 a]; vgl. 2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 59 61). Durch einzelne v. ihnen nimmt der Gott des Heiles den Menschen mit besonderem Lebensauftrag derart in Christus hinein, daß sie den Empfänger ein für allemal prägen u. desh. nicht wiederholt werden können ("sakramentaler Charakter" v. Taufe, Firmung, Priesterweihe; vgl. Thomas v. A., S.Th. 3 q.63 a.1; D 781 1313 1609 1767 1774 [411 695 852 960 964]). Jedes S. ist außerdem auf die seiner Eigenart entsprechenden Hilfen zur Ausgestaltung und Bewährung des Gnadenlebens ausgerichtet.

S.e mit solchen Wirkungen kann nicht der Mensch schaffen; sie können nur v. Gott geschenkt werden (das kirchl. Lehramt betont ihre Stifung durch Jesus Christus; D 1601 1864 2536 [844 996 1470]). Als Verleiblichung des Heilswillens Gottes liegen sie auf der Linie der Inkarnation des Gottessohnes u. der Kirche.


2. Das Angebot, das Gott dem Menschen in den S.en macht, kann dieser verschieden beantworten. Gott achtet ja den Menschen als Wesen freier Entscheidung (Sittlichkeit, Willensfreiheit) auch und bes. in den Dingen des Heiles. Allerdings hat die Entscheidung des Menschen ihre Folgen: In der Annahme wählt der Mensch sein Heil, in der Ablehnung sein Unheil.

a) Der Offenbarung können wir entnehmen, daß die ntl. S.e heilsnotwendig sind, wenn auch nicht alle jedem einzelnen (D 1604 [847]). Wer sie schlechthin ablehnt, weist das Heilsangebot Gottes zurück.

Von den sieben (D 1310 1601 [695 844]) S.en, die wir gleich den getrennten Ostchristen festhalten (vgl. 2. Vat. Konz., Unitatis redintegratio 15), sind manche zum Heil mittelhaft notwendig (necessitas medii): jedem Menschen die Taufe (D 1524 1618 [796 861]); dem entscheidungsfähigen Getauften die Eucharistie zum Ausharren in der Gnade (D 1730 1734 [933 937]); dem, der nach der Taufe schwer gesündigt hat, das Bußsakrament (D 1679 1706 [899 916]). Die übrigen S.e, Firmung, Krankenölung, Priesterweihe u. Ehe, braucht nicht jeder Mensch notwendig zum Heil, sondern höchstens einzelne infolge ihrer besonderen Lage. Die Kirche als gesamte bedarf zu ihrem Gedeihen allerdings aller S.e (D 1311 [695]). Wie weit den Menschen ausdrückliche Gebote zum Empfang von S.en verpflichten (gebothafte Notwendigkeit, necessitas praecepti), ist bei den einzelnen S.en zu erfragen.

b) Sinnvoll naht sich den S.en nur, wer die Voraussetzungen für ihren gültigen u. fruchtbaren Empfang erfüllt. Der immer vorhandene Heilswille Gottes kann sich im S. nur für den auswirken, der fähig u. bereit ist, auf das Gnadenangebot einzugehen. Wer es beim S.enempfang schuldhaft an den Voraussetzungen fehlen läßt, versündigt sich am Heiligen (Sakrileg; vgl. 1 Kor 11,27-29).

b.1 Zum Empfang der Taufe ist jeder auf Erden lebende Mensch, der noch nicht getauft ist, fähig (CICc. 745 § 1). Alle übrigen S.e sind nur den Gliedern der Kirche zugedacht, setzen also die Taufe ("das Tor u. die Grundlage der S.e", CICc.737 § 1) voraus. Die Firmung kann nur ein Ungefirmter empfangen; das Bußsakrament nur ein Mensch, der nach der Taufe gesündigt hat; die Krankenölung nur ein Schwerkranker; die Priesterweihe nur ein noch nicht geweihter Mann; die Ehe nur ein Unverheirateter.

b.2 Da Gott die eigene Entscheidung des Menschen achtet, kommt für den entscheidungsfähigen Menschen das S. nur zustande, wenn er es empfangen will (vgl. Augustinus, De coniug. ad. I 33, CSEL 41,380; Thomas v.A., S.Th. 3 q.68 a.7 ad 2). Er muß wenigstens irgendwann ernstl. nach dem S. verlangt u. diesen Willen nicht zurückgezogen haben (habituelle Intention). Für den, der keinerlei Verlangen nach dem S. hat, bewirkt der (ohne seine Einwilligung oder nur zum Schein) vollzogene sakramentale Ritus nichts.

Damit erhebt sich die Frage, ob Kleinkinder, die noch nicht zur Entscheidungsfähigkeit gelangt sind, u. Menschen, die beständig ohne Vernunftgebrauch leben, S.e empfangen können. Die Kindertaufe ist im NT wahrscheinl. schon miterwähnt, wenn die Taufe ganzer Häuser berichtet wird (Apg 16,15.33; 1 Kor 1,16); v. Origenes wird sie als apostolische Weisung bezeichnet (In Rom 5,9, PG 14,1047). Heute ist die Kindertaufe in der kath. Kirche u. über sie hinaus allg. übl. Die Spendung der Firmung an Kleinkinder läßt die Kirche zu, wenn sie in Lebensgefahr schweben (CICc. 788). Die Eucharistie wird zwar jetzt Kleinkindern nicht mehr gereicht, früher aber geschah es (vgl. D 1730 1734 [933 937]). Für die Berechtigung der Spendung mancher S.e an Kleinkinder kann man sich auf jene Heilungen stützen, die durch Bitten nicht der Geheilten selbst, sondern anderer herbeigeführt wurden (Mt 8,5-13; 15,22-28; Mk 9,17-27). Für die Kindertaufe macht man geltend, daß die Kleinkinder ohne persönl. Schuld mit der Erbsünde behaftet sind u. daher auch ohne persönl. Entscheidung von ihr müßten befreit werden können. Wie sonst in wichtigen Lebensfragen treffen andere an Stelle der Entscheidungsunfähigen die Entscheidung: Eltern, Paten, die Gesamtkirche (vgl. Thomas v.A., S.Th. 3 q.68 a.9 ad 1); sie übernehmen mit der Taufe des Kindes die Verpflichtung, es zur personalen Entscheidung für Gott zu führen; und Gott schafft schon in der Taufe die Gnadengrundlage dazu, daß es später zu dieser Entscheidung kommen kann. Die Kirche hat die Gültigkeit u. die Zulässigkeit der Kindertaufe ausdrückl. bejaht (D 1514 1625-27 [791 868-870]; vgl. 780 904 [410 483]).

b.3 Auch in einem Fähigen, der ein S. empfangen will, erlangt dieses seine Gnadenfrucht nur, wenn der Empfänger in der rechten Verfassung (Disposition) ist, d.h. der Gnade kein Hindernis (obex gratiae) entgegensetzt (vgl. D 1606 [849]). Bei jenen S.en, die das Gnadenleben neu geben (S.e der Toten: Taufe, Buße, in manchen Fällen die Krankenölung), wäre das Hindernis der Mangel entschiedener Reue über begangene schwere Sünden; bei S.en, die dazu bestimmt sind, das schon vorhandene Gnadenleben zu pflegen (S.e der Lebenden), das Fehlen des Gnadenstandes. Im Blick auf die Zukunft gehört zur rechten Verfassung des Emfängers seine Bereitschaft, sein Leben christusförmig (Nachfolge Christi) zu gestalten (vgl. Röm 6,4.7.11; 1 Kor 10,1.12;t D 1620 [863]). Alle genannten Elemente der rechten Verfassung wurzeln im Glauben u. sind ohne ihn nicht denkbar (vgl. Mk 16,16; Gal 3,26 f; Joh 6,29.35.40 f.51).

S.e, die ohne Gnadenfrucht empfangen werden, aber doch im Menschen irgendeine Spur hinterlassen (Taufe, Firmung, Weihe den saramentalen Charakter; die Ehe das Eheband; die Krankenölung vielleicht eine auf Krankheitsdauer beschränkte Wirkung), können durch nachträgl. Beseitigung des Hindernisses aufleben, d.h. die Gnadenfrucht hervorbringen; Gottes allzeit vorhandener Heilswille kann sich auswirken, wenn der Mensch kein Hindernis entgegensetzt.

b.4 Aus der Natur der Sache u. dem Willen der Kirche ergibt sich, daß man S.e nicht von Spendern empfangen soll, die sie wegen Verharrens in schwerer Sünde od. wegen eines kirchl. Verbotes (CICc. 968 § 2; c.2261 § 1; c.2284) nicht spenden dürfen. Außer der Gefahr der unguten Beeinflussung durch solche Spender u. des Ärgernisses würde man durch Empfang der S.e v. ihnen an ihrer Sünde mitwirken u. durch Verlangen der S.e sie sogar dazu anregen. Da jedoch die bloß materiale Mithilfe zu einer fremden Sünde u. das Wagen einer sittl. Gefahr manchmal erlaubt sein kann, dürfen die Gläubigen aus entsprechend wichtigen guten Gründen S.e v. Spendern verlangen u. empfangen, die sie vermutl. nicht ohne Sünde spenden werden, obwohl sie es könnten. Die Kirche selbst läßt zugunsten der Gläubigen vom Verbot der S.enspendung gewisse Ausnahmen zu: Obwohl den Exkommunizierten im allg. die S.enspendung verwehrt ist, dürfen die Gläubigen von einem gewöhnl. Exkommunizierten aus jedem guten Grund, bes. beim Fehlen anderer Spender, S.e verlangen, u. darf der Aufgeforderte sie ihnen ohne näheres Erforschen ihrer Gründe spenden; v. einem Exkommunizierten, der als zu meidend (excommunicatus vitandus) bezeichnet wurde, od. von einem, dessen Exkommunikation gerichtl. verhängt od. festgestellt wurde, dürfen die Gläubigen nur in Todesgefahr die Lossprechung u. bei Fehlen anderer Spender auch die übrigen S.e verlangen (CICc.2261 §§2.3; dasselbe gilt von Spendern, die v. der S.enspendung suspendiert sind). Mit Spendern, die v. der kath. Kirche getrennt sind, dürfen Katholiken im allg. nicht in S.engemeinschaft treten; für manche Situationen hat das 2. Vat. Konz. dies jedoch als erlaubt erklärt.


3. Da die Gnadenfrucht der S.e aus Gottes Heilswillen stammt, ist für ihre Spendung auf die Bestimmungen zu achten, die sich in Gottes Wort darüber finden.

a) Zur Spendung v. S.en ist der Mensch nur fähig, wenn er dazu die Vollmacht v. Gott her hat. Diese wird für die höheren Weihen u. die Firmung durch die Bischofsweihe gegeben; für die Eucharistie u. die Krankenölung durch die Priesterweihe, für das Bußsakrament durch die Priesterweihe u. die Erteilung der Jurisdiktion; für die Ehe duch die Taufe. Nur zur Spendung der Taufe ist die Vollmacht jedem Menschen als solchem gegeben.

Gott verwendet den Menschen bei der S.enspendung nicht als willenloses Werkzeug, sondern gemäß seiner menschl. Eigenart, d.h. als sittliches, der freien Entscheidung fähiges Wesen. Das Zustandekommen des S.s hängt daher davon ab, daß der Mensch, der den sakramentalen Ritus vollzieht, das S. spenden will (hinsichtl. des Bußsakraments: "animus serio agendi et vere absolvendi", D 1685 [902]). Das ist der Fall, wenn der Spender beim Geschehen selbst die wache Absicht hat, jetzt das S. zu spenden (aktuelle Intention). Das Geschehen wird aber auch dann noch vom Wollen des S.s geprägt, wenn der Spender vorher die Absicht auf das S. hin gefaßt hat u. aus ihr heraus, obwohl sie ihm jetzt nicht mehr wach bewußt ist, die sakramentale Handlung setzt (virtuelle Int.). Wenn jedoch eine irgendwann in der Vergangenheit gehegte u. nicht zurückgezogene Absicht (habituelle Int.) auf einen jetzt ohne Beteiligung der freien Entscheidung vollzogenen sakramentalen Ritus keinen Einfluß hat, reicht sie zum Zustandekommen des S.s nicht aus. Noch weniger genügt dazu die wegen der allg. Einstellung eines Menschen gemachte Annahme, er würde eine tatsächl. nie vorhandene Absicht erwecken, wenn ihm die Sache in den Sinn käme (interpretative Int.).

Der Spender handelt zwar gemäß seiner menschl. Eigenart, ist dabei aber an Gottes Bestimmung gebunden. So muß sich seine Absicht darauf erstrecken, mit dem S. das zu tun, was Gott (Christus) getan haben will. Da mit der Verwaltung der S.e die Kirche betraut ist u. sie sich an den Willen Christi halten will, hat der Spender einschlußweise die richtige Absicht, wenn er mit der Spendung tun will, was die Kirche tut ("saltem faciendi quod facit Ecclesia", D 1611 [854]; vgl. 1262 1312 1617 2328 3318 f [672 695 860 1318 1966]). Wenn mehrere mögliche Empfänger da sind, muß der Spender bestimmen, wem er das S. spenden will. Bei der Eucharistie muß er umgrenzen, welche Brote und welche Weinmenge (Materie) er konsekrieren will.

c) Da der menschl. Spender in der v. Gott gegebenen Vollmacht handelt, hat er das Zeichen des S.s in der Gestalt zu vollziehen, wie sie vom göttl. Stifter und v. der durch ihn beauftragten Kirche festgelegt ist.

Damit ihm dabei kein wesentl. Fehler unterläuft u. dem S. die geziemende Ehrfurcht entgegengebracht wird, muß er es mit der nötigen Aufmerksamkeit spenden, d.h. seinen Geist nach bestem Können auf das hinlenken, was er vollzieht (innere Aufmerksamkeit) u. alle Betätigungen unterlassen, mit denen das innere Achthaben nicht vereinbart werden kann (äußere Aufmerksamkeit). Zum gnadenwirkenden Zeichen des S.s gehört das sinngebende Wort des Spenders, das sich meistens mit einer bezeichnenden Handlung verbindet ("Accedit verbum ad elementum, et fit sacramentum", Augustinus, In Io. tr. 80,3, PL 35,1840). Seit dem 13. Jh. (Wilhelm v. Auxerre) sind für das Wort u. die Handlung die Ausdrücke Form u. Materie gebräuchl. (vgl. Thomas v.A., S.Th. 3 q.90 a.2; D 1262 1312 1671 [672 695 895]). Da Materie u. Form zusammen das äußere Zeichen des S.s bilden, müssen sie zur selben Zeit durch denselben Spender gesetzt werden (vgl. Thomas v. A., S. Th. 3 q.67 a.6).

c.1 Wenn zur sakramentalen Handlung (Materie) ein stoffl. Element (Wasser, Öl, Brot, Wein) verwendet wird, nennt man dieses entfernte, das Tun damit nähere Materie (materia remota bzw. proxima; vgl. Thomas v. A., S.Th. 3 q.84 a.2).

Der Spender ist dafür verantwortl., daß er die vom göttl. Stifter u. v. der Kirche festgelegte Materie anwendet. Wenn er im wesentl. davon abginge (so daß die Materie nach allg. Auffassung eine andere würde), vollzöge er nicht mehr das S. Eigenmächtiges Experimentieren steht ihm nicht zu (vgl. D 2101 [1151]; die Kirche darf das Wesen der S.e nicht anrühren (vgl. D 1728 [931]). Eine Materie, die wahrscheinl., aber nicht sicher die v. Christus u. der Kirche festgelegte ist, darf der Spender nur verwenden, wenn er in einer Situation, in der er sich sichere Materie nicht beschaffen kann, mit der S.enspendung einem Menschen beträchtl. helfen könnte ("Sacramenta propter homines"), im besonderen durch die heilsnotwendigen S.e in Todesnot des Empfängers ("In extremis extrema sunt tentanda").

c.2 Die von Christus und der Kirche bestimmte Form des S.s darf der Spender ebenfalls nicht abändern; die Kirche ist dazu nicht befugt, soweit Christus die Form festgelegt hat (vgl. D 1728 [931]). Bei wesentl. Änderung (so daß der Sinn der Worte ein anderer wird) kommt das S. nicht zustande. Wenn die (vielleicht unabsichtl.) geänderte Form einen richtigen u. einen unrichtigen Sinn zuläßt, entscheidet die Absicht des Sprechers.

Das S. als sinnl. wahrnehmbares Zeichen erfordert, daß der Spender die Form hörbar spricht.

c.3 Über die Wesensteile Materie u. Form hinaus muß der Spender die Zeremonien einhalten, die ihm die Kirche vorschreibt (D 1613 [856]; CICc. 733 § 1) u. durch die sie den hl. Geheimnissen einen würdigen Rahmen geben u. sie verdeutlichen u. die Empfänger zu innerer Anteilnahme anregen will (vgl. Cat. Rom II 1,10; 2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 59 60). Für den lat. Ritus ist das 1614 eingeführte u. wiederholt umgestaltete Rituale Romanum in seiner Erweiterung in den Diözesanritualen maßgebend, deren zeitgemäße Erneuerung (unter Verwendung der Volkssprache) das 2. Vat. Konzil wünscht (Sacrosanctum Concilium 63 b). Eigenmächtige Änderungen gesteht das Konz. niemandem zu; als zuständig für Änderungen bezeichnet es den Apost. Stuhl u. die Bischöfe, im besonderen die Bischofskonferenzen (ebd. 22). Durch welche Weisungen das Rituale verpflichten u. durch welche es nur raten will, ist der Natur der Sache, dem Wortlaut, dem Zusammenhang u. den Erklärungen der Kirche zu entnehmen.

d) Der Spender eines S.s handelt als Beauftragter Gottes u. Vermittler des Heiligen sowie (bes. wenn er geweihter Spender ist) als Teilhaber am Priestertum Christi u. (vor allem in der feierl. Spendung) als sichtbarer Vertreter Christi, des Allerheiligsten, u. der hl. Kirche. So geziehmt es sich , daß er bei der Spendung persönl. mit Gott verbunden (im Gnadenstand) sei. Die Kirche fordert daher v. ihm Heiligkeit (Cat. Rom II 1,17; Rit. Rom. I 3.4). Wohl wird durch einen Spender, der sich im Irrglauben (Häresie) od. in der schweren Sünde befindet, das S. seiner Wirkung nicht beraubt. Der Spender gibt ja nicht v. seinem Eigenen, sondern dient dem Geber Gott nur als Vermittler (Christus ist der eigentl. Spender, der Mensch nur Werkzeug; vgl. Cat. Rom. II 1,17.18; Pius XII., "Mediator Dei", AAS 1947,528); Gott kann sich eines Vermittlers bedienen, der selbst nicht besitzt, was er andern vermitteln soll. Das Zustandekommen u. die Fruchtbarkeit eines S.s hängen nicht vom rechten Glauben u.v. der sittl. Rechtschaffenheit des Spenders (ex opere operantis) ab (vgl. D 645 1612 1617 1684 [- 855 860 902]), sondern nur vom richtigen Vollzug durch den befähigten Spender (ex opere operato), durch den Gott seine Gnadengaben schenken will (vgl. D 1262 1606 1608 [672 848 851]). Augustinus erklärt, daß jener, der v. Johannes d. Täufer getauft wurde, nochmals getauft werden mußte, nicht aber jener, der v. Judas die Taufe Christi empfangen hatte. "Nicht als ob wir einen Judas einem Johannes vorzögen. Aber die Taufe Christi, auch wenn sie durch die Hand eines Judas gespendet wird, ziehen wir, u. zwar mit Recht, der Taufe des Johannes vor, auch wenn sie durch die Hand eines Johannes erteilt wird" (In Io tr. 5,18, PL 35,1423 f).

Dennoch verfehlt sich sakrilegisch, wer im Stand der schweren Sünde ein S. spendet (vgl. Augustinus, In Ps 103 en. 1,9, PL 37,1343; Dionysius, Eccles. Hier. 1; Ep. 8; PG 3,377.1092; Thomas v. A., S.Th. 3 q.64 a.6). Wer sich schwerer Sünde bewußt ist u. ein S. spenden soll, hat die Pflicht, sich vorher um Versöhnung mit Gott, wenn mögl. durch das Bußsakrament, auf jeden Fall aber durch entschiedene Reue zu bemühen (vgl. Rit. Rom. I 4); der Weg über das Bußsakrament ist ihm vor der Zelebration vorgeschrieben (CICc. 807). Ohne Schuld könnte er das S. im Stand der Todsünde nur spenden, wenn die Spendung (z.B. an einen Sterbenden) so dringend notwendig wäre, daß ihm nicht einmal die Zeit zur Erweckung der Reue bliebe.

e) Die S.enspendung ist sittl. nicht einwandfrei, wenn sie dem Spender v. der Kirche verboten ist, außer das Verlangen der Gläubigen würde ihn dazu berechtigen.

f) Ferner ist die S.enspendung zum Großteil nur dem erlaubt, der mit der Seelsorge an den Empfängern betraut ist. Im Interesse einer geordneten Seelsorge behält die Kirche die Spendung mancher S.e den amtl. Seelsorgern vor; alle andern sollen sie nur im Einvernehmen mit den zuständigen Seelsogern spenden. Dem Pfarrer sind die feierl. Taufe, die Eucharistie, wenn sie als Wegzehrung od. öffentl. als Krankenkommunion überbracht wird, u. die Krankenölung vorbehalten (CICc. 462). Aus der Natur der Sache ergibt sich, daß im Notfall die Sterbe-S.e jeder Priester (CICc. 848 § 2; c. 882; c.938 § 2) u. die Taufe jeder Mensch (CICc. 742 § 1) spenden darf.

Aus der Betrauung mit der Seelsorge folgt für den Spender die Pflicht, den ihm anvertrauten Gläubigen die S.e zu spenden, sooft sie rechtmäßig darum bitten (CICc. 467 §1; Rit. Rom. I 5). Diese Pflicht fällt infolge des übernommenen Amtes in den Bereich der Gerechtigkeit (vgl. CICcc. 682.939). Bes. drängend wird sie, wenn es sich um die heilsnotwendigen S.e u. um Empfänger in schwerer geistiger Not handelt (vgl. CICc. 486 § 1). "Der gute Hirt gibt sein Leben für die Schafe" (Joh 10,11). In Notfällen wird die Spendung auch für den Spender, der nicht amtl. Seelsorger ist, zur drängenden Pflicht der Nächstenliebe (vgl. CICc. 939).

Der Spender hat allerdings darauf zu achten, ob der Verlangende des Empfanges überhaupt fähig ist u. ob er die Voraussetzungen für einen würdigen (fruchtbaren) Empfang erfüllt. Einem Unfähigen darf er nie ein S. spenden. Auch einem Unwürdigen gegenüber muß er damit zurückhalten, würde er doch durch die Spendung an ihn zu seiner Sünde mithelfen u. andern vielleicht Ärgernis geben (vgl. CICc. 2364). "Gebt das Heilige nicht den Hunden u. werft eure Perlen nicht vor die Schweine" (Mt 7,6). Allerdings können in manchen Fällen die Gründe, die für die Spendung an Unwürdige sprechen (z.B. Vermeidung v. Unruhe unter den Gläubigen, die in Unkenntnis des Grundes der Verweigerung vom S.enempfang abgeschreckt würden; Schonung des guten Rufes des Empfängers; vgl. CICc. 855 § 2), stärker werden als die Gegengründe u. gemäß den Grundsätzen über die Mithilfe zu fremder Sünde die Spendung rechtfertigen. Wenn nur durch Spendung des S.s (vor allem der Eucharistie) an den Unwürdigen das Beichtgeheimnis gewahrt werden kann, besteht sogar die Pflicht dazu (vgl. D 2195 [1220]).- Wenn es einem Menschen am notwendigen Wissen für den sinnvollen Empfang eines S.s fehlt, ist zuerst seine Unwissenheit zu beheben. - Einem nichtkath. Christen darf der kath. Spender die S.e nicht gewähren (CICc. 731 § 2); das 2. Vat. Konz. hat jedoch für gewisse Situationen Ausnahmen vorgesehen.

Wenn der Spender sich verpflichtet sieht, einem Verlangenden ein S. zu verweigern, darf er dies nie so tun, daß er diesem selbst die Spendung (durch scheinbaren Vollzug der sakramentalen Handlung, jedoch ohne die notwendige Materie, Form od. Absicht) vortäuscht (Simulation); er würde damit eine hl. Sache mißbrauchen u. sich gegen Christus, den Stifter der S.e, verfehlen (vgl. D. 789 2129 [418 1179]). Wohl aber darf er (u. muß er manchmal) andern verheimlichen, daß er dem Verlangenden ein S. verweigert, u. zu diesem Zweck etwas tun, was nicht sakramentaler Ritus ist, von andern (nicht vom Verlangenden) aber für das S. gehalten wird (Dissimulation, z. B. Erteilung des Segens statt der Lossprechung).


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