Sitte
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral
LChM 1969, Sp. 1074
Für Moraltheologie sagt man häufig "kath. Sittenlehre" (vgl. F. Tillmann, Handbuch der kath. Sittenlehre). Sittenlehre wäre die Lehre v. der S. Der Ausdruck S. aber ist nicht eindeutig. Er kann bezeichnen a) den Brauch, das gewohnheitsmäßige Verhalten (z.B. Eß-S.n), b) den herrschenden Brauch, der zugleich auch zu beobachtende Richtschnur, Norm, ist. Beide Bedeutungen sind auseinanderzuhalten: Das tatsächl. Vorkommende, auch wenn es eingewurzelte Gewohnheit ist, muß noch nicht die Norm im Sinn v. Seinsollendem darstellen.
Kath. Sittenlehre will nicht S. in der ersten Bedeutung beschreiben (wie es die Soziographie tut), sondern will S. im Sinn v. Norm für das freie menschl. Handeln erforschen u. darstellen. Ihr geht es um Sittlichkeit (abgeleitet v. der zweiten Bedeutung des Wortes S.). Man sollte sie daher besser Sittlichkeitslehre (Stelzenberger) nennen.
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